Nach den ersten drei Aktionstagen ging es mit mit unserem Auto, einem VW-Crafter, weiter nach Gagra, einer größeren Stadt am Schwarzen Meer. Fahrer Pascha bewies sein Talent, das Auto zu beladen. Eigentlich unvorstellbar: Neben den zehn Mitgliedern unserer Gruppe fand deren umfangreiches Gepäck sowie das gesamte Equipment für die Operationen Platz.
Als die Gruppe kurz vor 9:00 Uhr in Gagra ankam, warteten dort bereits die ersten Leute mit ihren Hunden und Katzen.
Für die Aktion hatte Saida ein altes Bahnhofsgebäude gefunden, das gerade saniert wird. In dem einst repräsentativen Säulenbau konnten wir eine große leere Halle nutzen.
Alle packten mit an und schnell waren sämtliche Gerätschaften aus dem Auto geräumt. Das Einrichten konnte beginnen. Hier zeigte sich wieder einmal das Improvisationstalent der Mannschaft. Aus einem anderen Gebäudeteil wurden Paletten, Tische und Stühle in unseren „Operationssaal“ geschleppt, aufgebaut und eingerichtet. Keine Stunde später war alles bereit und die ersten „Patienten“ erhielten ihre Narkose.
Vor der Tür wuchs die Menschenmenge. Alle warteten geduldig und versuchten, einen Blick auf das Geschehen zu werfen. Die drei Ärztinnen und ihre sieben Helferinnen arbeiteten ohne Unterbrechung. Bald waren die mit warmen Decken ausgelegten Plätze, auf denen die Hunde nach der OP ihre Aufwachzeit verbrachten, komplett belegt. Ein rührendes Bild bot sich, wie Hunde aller Größen und Farben dicht an dicht lagen, vor sich hinträumten und sich langsam regten.
Gegen Mittag fuhr ein Schulbus voller Hunde und einiger Begleiterinnen vor. Sie kamen aus einer entfernten Gegend, dicht an der georgischen Grenze und hatten fast 200 Kilometer zurückgelegt. Die 16 Hunde, die sie zur Operation brachten, waren nicht etwa ihre eigenen – auch sie hatten Straßenhunde eingefangen, um sie kastrieren zu lassen. Bemerkenswert. Auffallend war auch, dass sich die Straßenhunde überwiegend in einem guten körperlichen Zustand befanden. Viele waren gut genährt und machten einen zutraulichen Eindruck.
Ohne Unterbrechung arbeitete die gesamte Mannschaft auch dann weiter, als – wie in Abchasien üblich – der Strom ausfiel. Eine Operation zu unterbrechen, wäre unmöglich, also behalf man sich mit Stirnlampen und Handyleuchten.
Am Ende an diesem Tag 75 Tiere, 29 Hunde und 46 Katzen kastriert – ein unglaubliches Ergebnis.