Nachdem die Kastrationsaktion in Kasachstan so erfolgreich war und die Planungen für die Aktion in Belarus parallel gelaufen waren, bestand unsere 1. Vorsitzende Katja darauf, die Aktion in Marina Gorka trotz aller politischen Probleme und daraus eventuell resultierenden Gefahren auch durchzuführen. Sie setzte sich gegen die gut gemeinten  Mahnungen und Äußerungen, dass man sich große Sorgen mache durch und behielt schließlich recht.


Die Planungen sowohl für Kasachstan, als auch für Belarus, wo vornehmlich die Hunde im freien Tierheim von Juri Walko kastriert werden sollten, waren parallel gelaufen. Neben den Problemen durch die Pandemie gab es bezüglich Belarus jedoch das Problem der sich verschärfenden politischen Spannungen. Die Aktivitäten ausländischer - vornehmlich westlicher - Organisationen sind nicht erwünscht. Darüber hinaus ergibt sich der Eindruck, dass auch inländische private Organisationen wie Vereine sehr kritisch beäugt werden und scheinbar Gründe gesucht werden, sie zur Aufgabe zu zwingen. So haben uns unsere Helfer vor Ort mitgeteilt, dass inzwischen auch viele Tierschutzvereine in Belarus geschlossen/aufgegeben haben. Das ist natürlich eine sehr traurige Entwicklung, die unserem Ziel der Mehrung und Stärkung des Tierschutzes in Belarus genau entgegenwirkt.
Also schien es am vernünftigsten, die Aktion - wenn sie denn stattfinden sollte - ausschließlich mit Ärzten und Helfern russischer Staatsbürgerschaft durchzuführen.

Unsere Helfer Aljona (Elena) Kurotschkina, Juri Archipov, Pascha Michaelow und unsere Vorsitzende Katja kamen also wieder aus dem Kaliningrad-Gebiet. Und die Ärztinnen reisten aus St.Petersburg an. Dabei handelte es sich um die für uns zum wiederholten mal tätigen Ärztinnen Daria Kononenko und Julia Mane. Die Tierärztin Anna Wlasenko war für uns zum ersten mal tätig.

Da alle Teilnehmer mit der Bahn anreisten, konnten wir die Reisekosten dieses mal recht niedrig halten.





Auf Grund der oben genannten politischen Situation haben wir für diese Aktion keine große Werbung gemacht. Schließlich wollten wir im Gegensatz zu anderen Aktionen nicht auf uns aufmerksam machen. In diesem Fall ging es uns nur darum, möglichst viele Tiere zu kastrieren. Lediglich für unsere Dokumentation für ein Foto wurde ein kleines Banner gedruckt, um uns davor zu postieren und zu fotografieren. Danach wurde es wieder eingepackt und weggelegt.


Sowohl die Hilfsmannschaft aus dem Kaliningrad-Gebiet, als auch die Ärztinnen aus St. Petersburg starteten ihre Reise am 11.12. nach Marina Gorka. Und am 12.12. wurde sofort mit den Kastrationen begonnen. Yuri Archipov hatte Probleme, rechtzeitig von seiner Arbeit frei zu bekommen. So stieß er dann am 13. dazu.
          

Eine gute Bekannte von Tatjana und Juri Walko namens Galina hatte sich vor kurzem ein Haus in Marina Gorka gekauft und uns freundlicher Weise für die Aktion zur Verfügung gestellt. Sie erzählte uns später, dass sie niemals damit gerechnet hat, dass sich während der Aktion soviel Tiere auf einmal bei ihr im Haus befinden würden.
                                                                     




Vor der Aktion hatten wir möglichst viele Flächen - insbesondere die Holzflächen - mit Folie abgeklebt, um nichts zu verschmutzen. Und da es sich nicht um Klinikräume- sondern um eine Wohnung handelt, musste vieles bzgl. der Räume improvisiert werden.
                                           


Der Hausflur wurde zur Vorbereitung der Tiere genutzt, das Wohnzimmer diente als OP-Saal und das Badezimmer wurde für die Aufwachphase genutzt.
                       

Der erste Tag lief etwas schleppend an: es war geplant, dass Juri Walko aus dem Tierheim "Sonne für alle", in dem Anna Esipova vor einigen Monaten bereits 5o Hunde kastriert hatte, seine Hunde nach und nach zu der Aktion bringen würde. Leider gab es Probleme mit dem Transportfahrzeug.
Auch am nächsten Tag stand das Fahrzeug noch nicht wieder zur Verfügung, sodass das Risiko bestand, viel zu wenig Tiere für die Kastration zu haben und es so zu einer Art Leerlauf bei unseren Tierärztinnen kommen würde.

Es kam dann jedoch doch anders:

Wir hatten zuvor noch nicht von einer traurigen Entwicklung auf dem Grundstück von Juri Walko berichtet. Dies holen wir hier in diesem Zusammenhang in Kurzform nach. Nachdem Juri Walko von einer Behörde zunächst sehr positive Signale/mündliche Zusagen bzgl. des Grundstücks (auf dem er bisher geduldet wurde) erhalten hatte und dadurch die Zukunft seines offenen Tierheims sicherer schien, gab es eine unerwartete negative Wende. Man bat ihn zu weiteren Gespächen in das Rathaus zu kommen. Während seines Aufenthalts dort, hat die Behörde die Militärpoilzei zu dem Grundstück geschickt und man drohte damit, all seine Hunde zu erschießen. Zum Glück kam es nicht zu der Eskalation. Aber man konfiszierte eine Anzahl seiner Hunde und brachte sie in das stattliche Tierheim Fauna Goroda nach Minsk, wo es - wie uns berichtet wurde - für die Hunde keinen Platz gab. Daher wurden diese bisher in einen offenen Tierheim versorgten Tiere nun angekettet. Juri erhielt die Info des "Besuchs" der Militärpolizei über sein Smartphone, als er sich im Rathaus befand und auf das Gespräch, zu dem er geladen war, wartete. Als er in seinem Tierheim zurück war, war bereits alles passiert. Daraufhin ging er zu Fuß zurück ins Zentrum von Marina Gorka vor das Rathaus und nahm 50 Hunde mit, die ihm friedlich folgten. Vor dem Rathaus angekommen hat er seinen "Frust herausgelassen", indem er laut von der ihm widerfahreren Ungerechtigkeit sprach. Es dauerte wohl auch nicht lange, bis die Polizei aufmerksam wurde und ihn zur Rede stellte, bzw. ihn gleich festgenommen hat. Passanten setzten sich ein und diskutierten mit den Gesetzeshütern. Sie haben sich für ihn und seinen Einsatz für die Tiere ausgesprochen und sein Handeln verteidigt. Ihm wurde es jedoch als unangemeldete und nicht genehmigte Demonstration ausgelegt. So wurde er in Haft genommen. Die Hunde überließ man sich selbst. Seine Tochter holte dann mit ihrem Lebensgefährten die Hunde zurück. Dabei wurde ihnen von Dorfbewohnern geholfen.
Wir hatten sehr große Sorge um ihn. Zum Glück wurde er jedoch nach einigen Tagen wieder entlassen. Allerdings erschien die Militärpolizei wieder auf dem Gelände mit den gleichen Drohgebärden. So unglaublich es für uns erscheinen mag: wieder hatte die Militärpolizei ihre Maschionenpistolen im Anschlag und drohten mit der sofortigen Erschießung der Hunde. Der Bürgermeister von Marina Gorka war dabei. Ihm oblag wohl das Kommando, den Schießbefehl zu geben. Es kam zu hitzigen Diskussionen zwischen ihm und Juris Familie. Schließlich zog die Polizei dann doch unverrichteter Dinge wieder ab.
Im Ergebnis hat Juri Walko jedoch die Auflage erhalten, seine Hunde möglichst schnell von dem Grundstück zu entfernen. Offiziell ließ man ihm dafür nur 4 Tage Zeit. Wir standen mit ihm in ständigem Kontakt. Er war sehr verzweifelt und sprach wiederholt davon, sich mit erschießen zu lassen, wenn man die Drohungen in die Tat umsetzen würde.

Schließlich gelang es ihm, eine große Anzahl seiner Hunde relativ kurzfristig in andere Hände zu geben. Diesen Leuten sagte er zu, dass die Hunde bald für sie kostenlos kastriert werden würden (die Planungen liefen ja schon seit geraumer Zeit und das Material hatten wir zusammen mit dem Material für die Aktion in Kasachstan bestellt). Sein Versprechen an die Menschen, die sich auf sein gegebenes Wort verlassen haben, haben auch einen sehr großen Anteil an Katjas Entschluss, die geplante Aktion trotz aller Risiken/Gefahren in die Tat umzusetzen.
       


       
So konnte bei der Aktion dann doch eine große Anzahl an Hunden (und Katzen) kastriert werden. Dabei handelte es sich um eine Mischung aus Hunden, für die Juri ein neues Zuhause gefunden hatte, Hunden, die nach wie vor in seinem Tierheim "Sonne für Alle" leben, sowie auch Tiere von Menschen aus dem Dorf / der Gegend, bei denen es sich trotz der beabsichtigten Geheimhaltung der Aktion herumgesprochen hatte.
                
   

In Summe wurden in 4 Tagen 256 Tiere kastriert. Ein Ergenis, mit dem wir zufrieden sind. Aber wir wollen nicht verheimlichen, dass ursprünglich eine größere Anzahl an Tieren geplant war.

So lief die Aktion zum Glück dann doch erfolgreich. Auch wenn die Kosten der Anreise recht günstig waren, sollten in der gegebenen Zeit möglichst viele Tiere kastriert werden. Schließlich bedeutet jede kastrierte Hündin oder Katze für die Zukunft, dass dieses Tier keine Welpen in die Welt setzt, die dann vermutlich im Elend leben -, oder schon kurz nach der Geburt elend sterben müssten.


Zur Unterbringung und der Verpflegung unserer Akteure hatte ich noch nichts geschrieben: Eine Bekannte von Juri Walko hat uns ihr Wochendenhaus in einer Ferienhaussiedlung in Marian Gorka kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Verpflegung übernahm die Famile von Juri Walko.
Katja ist begeistert von der belarussischen Küche. Auch waren alle sehr, sehr gastfreundlich, sodass man sich herzlich willkommen - und sehr wohl fühlen konnte.
   



Wir danken allen Helfern und Sponsoren. Von Juri Walko hatten wir bereits nach Katjas erster Reise nach Minsk berichtet. Sein aufopferndes Engagement für die Hunde hat einige Menschen dazu bewogen, ihn unterstützen zu wollen und haben dies auch über uns umgesetzt. Sowohl Materialle Hilfe, die wir ihm bekannten Berufskraftfahreren übergeben haben, mit denen wir uns an der A2 Richtung Berlin getroffen haben, wie auch finanzielle Mittel konnten wir an ihn weiterleiten. Zur Umsetzung seines größten Wunsches neben der Kastration seiner Tiere - dem Bau eines Zauns an der offenen Seite seines ansonsten u-förmig von einem großen Wasserlauf umgebenden Geländes - ist es noch nicht gekommen. Nach den aktuellen Entwicklungen sind wir heute froh, das das noch nicht geschenen ist, da des Geld sonst "verbrannt" wäre. Er ist noch mit dem verbliebenen Rest seiner Hunde auf dem Gelände. Wir haben nichts negatives aus Richtung der Behörden gegen ihn gehört. Es gibt eine Organisation junger Leute, die sich am Wochenende um die Hunde "kümmern" und sogar Hundehütten bauen. Sie fotografieren sich bei ihren Aktionen und posten das in sozialen Netzwerken. Aber sie verspotten und beschimpfen ihn. Wir betrachten diese Leute sehr skeptisch. Es passt alles nicht zusammen. Denn sie sehen nicht seine gute Arbeit der letzten 15 Jahre, in denen er 7 Tage pro Woche sein Leben diesen Tieren gewidmet hat. Wie gesagt: sie kommen 2 Tage in der Woche und würden die Hunde ansonsten sich selbst überlassen, wenn er sich nicht um sie kümmern würde.
 
Wir betrachten die Situation mit Sorge aber voller Hoffnung, dass sich für Yuri Walko alles zum Guten wendet.

Und wir sind froh, dass die Aktion doch gut verlief und - betrachtet man die Situation im Land und vor Ort - dass alle Akteure wieder gut Zuhause angekommen sind. 





Nachsatz:
In Zusammenhang mit Belarus haben wir in der Vergangenheit hauptsächlich von Juri Walko gesprochen. Dabei möchten wir aber nicht vergessen, dass es in seinem Umfeld unter anderem auch Tatjana gibt, die ebenfalls sehr aktiv im Tierschutz ist und neben den eigenen Hunden auch ihn in seiner Arbeit unterstützt. Wir haben von ihr in unserem Rundbrief 2020 berichtet. Yuri und Tatjana sind nun auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück, welches sie dann erwerben wollen, um dort möglichst auch ein "offenes" Tierheim zu betreiben. Gern möchten wir dies unterstützen, was jedoch nicht ohne Spenden von Ihnen möglich ist. Gern nehmen wir also zweckgebundene Spenden unter dem Verwendungszweck "Yuri Walko, Marina Gorka" (Spende für seine Tiere allgemein) oder "Yuri Walko; Neuaufbau Tierheim" entgegen.




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